Der atmende Gott

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Reise zum Ursprung des modernen Yoga Ein Film von Jan Schmidt-Garre

Pressestimmen

“Zauberhaft, elegant”Süddeutsche Zeitung
“Fantastische Bilder”Abendzeitung
“Erhellend”Elle
“Schön”Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
“Wohltuend klischeelos”Filmportal
“Liebevoll”Yoga Journal
“Bravourös”Kunst + Film
“Ein sehr schöner Film, verzaubernd
und klug zugleich. Großartig.”
Yogaeasy

 

„Schmidt-Garre, dessen Filme sich immer wieder mit den Bühnenkünsten beschäftigt haben, ist nach Indien gefahren, um dort die Ursprünge des modernen Yoga zu suchen, und was er gefunden hat, sind echte Menschen (und Götter); ist eine Praxis, die über sich selbst lachen kann, was allein schon Grund genug ist, sie ganz ernst zu nehmen. Yoga, lernt man da, ist Zirkus und Gottesdienst, Körperertüchtigung und die Kunst, auf dem Kopf stehend die Welt richtig herum zu betrachten. Ein schöner Film.”
Claudius Seidl, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 8.1.12

„Eine vielschichtige Annäherung an Krishnamacharya, sein Leben und seine spirituelle Philosophie, die durch ihr Bemühen um Verständnis und eine kluge Montage besticht. Über das Thema ‘Yoga’ hinaus entwirft der Film ein nuanciertes, facettenreiches Bild des modernen Indien.”
Wolfgang Hamdorf, Filmdienst 1/2012

„Durch eine schöne Schnittarbeit ist die Weitergabe auch das visuelle Stichwort dieses Dokumentarfilms. Die genauen, aber diskreten Verbindungseffekte, die klassische Musik, die die erwarteten Klänge indischer Volksmusik elegant ersetzt, versetzen die dokumentarische Reise in einen höchst angenehmen Fluss.“
Noémie Luciani, Le monde 3/2014

„Schmidt-Garre portraitiert Krishnamacharya, der fast 100 Jahre alt wurde und jede aktuell bekannte Yoga-Strömung beeinflusst hat, in einem eleganten Geflecht verschiedener filmischer Mittel: Er hat eindrucksvolle historische Archivaufnahmen aus den dreißiger Jahren gefunden, in denen Krishnamacharya bei seinen Asanas, seinen Übungen, gefilmt wurde – als junger Asket, dessen Körperbeherrschung geradezu unheimlich wirkt. Er hat zahlreiche Interviews geführt – mit Krishnamacharyas Söhnen und Töchtern und mit dessen wichtigsten Meisterschülern: Iyengar und Pattabhi Jois. Letzterer starb weit über 90-jährig während der Dreharbeiten. In meditativ dahingleitenden Schnittfolgen beobachtet Schmidt-Garre, wie die Männer heute ihre Schüler unterrichten, und immer wieder lässt er auch sich selbst bei der Unterweisung filmen. Wie er sich mit dem Kopfstand abmüht zum Beispiel, während der greise Iyengar ihm unverdrossen Anweisungen gibt. Einen besonderen Zauber entfalten einige Sequenzen, in denen Schmidt-Garre das historische Indien samt Schlangenbeschwörern und Szenen vom Hof des Krishnaraja Wodeyar IV. nachstellt.”
Susanne Hermanski, Süddeutsche Zeitung, 5.1.12

„Der überbordenden Fülle an Material und Meinungen entzieht Schmidt-Garre sich geschickt durch einen subjektiven Ansatz. Auf Recherche-Reise quer durch Indien begegnet der Münchner Filmemacher betagten Yoga-Lehrmeistern und ihren hochelastischen Eleven. Dabei vermeidet er jedes Klischee-Bild von Indien, bedient nicht die europäischen Seh-Erwartungen. Der in den Zwanzigerjahren lebende Yoga-Urvater Krishnamacharya, der in historischen Aufnahmen bei Asanas zu sehen ist, hätte seine Freude daran – und an diesem detailreichen, exakt gearbeiteten Film.”
Münchner Merkur, 5./6.1.12

„Wunderbare schwarzweiße Flackerbilder von Krishnamacharyas Yogademonstrationen hat Filmemacher Jan Schmidt-Garre mit eingearbeitet, hochakrobatische Verbiegungen, die nötig waren, um dem sportlichen Maharadscha als Mäzen zu gefallen. Wie sich Krishnamacharyas Unterricht veränderte, wie unterschiedliche Schulen erwuchsen, zeigt Schmidt-Garre in eindrucksvollen Bildern und Interviews mit den Schulgründern Pattabhi Jois und Iyengar.”
Neue Presse Hannover, 5.1.12

„Die ruckeligen Schwarz-Weiß-Aufnahmen halbnackter Yogis im Handstand sind natürlich faszinierend. Wirklich umwerfend ist allerdings die Tatsache, dass Schmidt-Garre die Protagonisten dieser uralten Bilder noch treffen konnte. Lauscht man diesen heute legendären Lehrmeistern, verflüchtigen sich viele Vorurteile. Dehnung des ganzen Körpers bis zum kleinsten Zeh – was sich im Berliner Yoga-Loft esoterisch anhören mag, klingt aus B. K. S. Iyengars Mund sehr konkret. Als er aber sagt, im Moment perfekter geistiger Kontrolle werde man heilig, lacht er selbst.”
Philipp Bühler, Berliner Zeitung, 5.1.12

„Trotz seines Interesses an Lehren und Entwicklungen des Yoga ist dies keiner jener Sinnsucherfilme, die keine kritische Distanz aufbringen. Schmidt-Garre wägt, ob Yoga nun uralte Tradition oder Neuerfindung ist, und lässt spüren: den Meistern ist Konkurrenzgeist nicht fremd.”
Stuttgarter Zeitung, 5.1.12

„Regisseur Jan Schmidt-Garre hat mit seiner Arbeit einen Schatz gehoben. Auch weil er selbst den Yoga erforscht, mit seinen Mitteln als Regisseur und als Schüler. Geradezu anrührend, wie er unter der Anleitung des ehrwürdigen Pattabhi Jois hoch konzentriert einen Sonnengruß praktiziert. Mit diesem genialen Kniff holt der Regisseur sein Publikum mit auf die Matte und mit auf seine Reise – Anfänger und erfahrene Yogis. Fünf Jahre lang hat der studierte Philosoph an dem ausschließlich in Indien produzierten Projekt gearbeitet und jede der 104 Filmminuten ist ein Genuss.”
Stefanie Wilkes, Spirit Yoga

„Die nachgestellten Szenen erinnern an Stummfilme der 1920er Jahre; sie werden von klassischer Musik ausdrucksstark begleitet. Der Regisseur greift dabei auf Werke der Spät-Romantiker zurück, beispielsweise die Arie «Hindu Song» aus Rimski-Korsakows Oper «Sadko» von 1898. Das wirkt im ersten Augenblick befremdlich; im Westen verbindet man mit indischer Musik eher Sitar-Klänge. Doch diese spätromantische Musik bringt europäische Sehnsucht nach indischer Exotik zum Ausdruck: Damit thematisiert Schmidt-Garre bravourös den Abstand zwischen seiner Perspektive und einem Phänomen der indischen Kultur.”
Annette Hahn, Kunst + Film, 1.1.12

... und ein Testimonial

„Schon der Titel ist ein Gedicht! Toll, wie Du es geschafft hast, dieses Thema zeitgemäß, mühelos und unverkrampft zu verfilmen. Wunderschöne Bilder, Indien gestern und heute, alles hat gelebt. Ein historisches Dokument einer großen Bewegung, und Du hast ihn genau zum richtigen Zeitpunkt gemacht. Danke Dir für den schönen und wichtigen Beitrag zu meiner Leidenschaft, dem Yoga.” 
Angelika Taschen, Verlegerin

... und noch eine Kritik

„Bäume rauschen im Wind. Von dem alten Dorf in Südindien ist nichts mehr zu sehen. Hier wurde 1890 T. Krishnamacharya, der Urvater des modernen Yoga, geboren. Regisseur Jan Schmidt-Garre begibt sich auf die Suche nach den Spuren des Mannes aus Muchukunte, der 1989 starb. Die Biografie Krishnamacharyas sowie die Begegnung mit seinen Schülern und seinen Kindern bilden einen roter Faden, der andere ist ein wunderbares musikalischen Motiv: das „Hindulied“ des russischen Komponisten Nikolai Rimski-Korsakow aus dem Jahr 1897, das hier stellvertretend für die westliche Sehnsucht nach östlicher Weisheit steht. Der dritte rote Faden ist die Entwicklung der Yogalehre auf dem Subkontinent, von der Zeit des britischen Imperiums bis zum modernen Indien. Der Dokumentarfilm erzählt teilweise mit bewegter Kamera, dann wieder mit ruhigen Einstellungen bei den Interviews, aber auch mit viel spannendem Archivmaterial. Er zeigt Zeitzeugen, Freunde, Schüler und Familienangehörigen in ihren Lebenszusammenhängen und vermittelt fast beiläufig viel vom sozialen und kulturellen Wandel des indischen Subkontinents.

Immer wieder geht es um die Frage nach dem Ursprung des modernen Yoga, nach der Treue zur Tradition und den Neuerungen in den letzten 100 Jahren. Stammt das moderne Yoga von 5.000 Jahre alten Texten ab, oder hat es erst im 20. Jahrhundert seine Form gefunden? Yoga, das wird schnell deutlich, ist weder eine kryptische Geheimlehre noch ein leichtes Entspannungsprogramm. Geradezu physisch deutlich wird das, wenn der Regisseur am Lotusblütensitz verzweifelt, von Pattabhi Jois, dem strengen Schüler Krishnamacharyas, aber immer wieder zur Wiederholung angetrieben wird. „Yoga ist immer möglich“, sagt der alte Meister. Alle Figuren sollten bis zu 30 Minuten gehalten werden; doch schon beim Zusehen eines Lotussitzes oder Kopfstands verspannen sich beim Laien schnell alle Muskeln. Trotz aller damit verbundenen Anstrengungen ist Yoga heute so populär wie Jogging und darüber hinaus noch mit dem spirituellen Mehrwert einer „Verschmelzung“ von Körper und Geist versehen. „In meiner Jugend“, sagt Krishnamacharyas Schwager B. K. S. Iyengar, der mit seinem manchmal strengen, manchmal heiteren Gesicht fast an den Indien-Freund und Philosophen Schopenhauer erinnert, „wussten die Leute in Indien nichts von Yoga. Das war etwas für Scharlatane und Halbdebile.“ Yoga besaß einen gesellschaftlichen Stellenwert vergleichbar dem der Zirkusakrobatik; für die gebildeten Stände sei Yoga weniger eine körperliche Anstrengung, sondern eher eine spirituell-philosophische Herangehensweise gewesen. Erst 1927 entstand dann so etwas wie eine neue Yogabewegung.

Der Film präsentiert Krishnamacharya, der seine Übungen vor dem Maharadscha von Mysore demonstriert. Der richtete ihm 1934 eine Yogaschule ein, und Krishnamacharya entwickelte ein neues, schnelleres und härteres Yoga, mit neuen Übungen, „Asanas“. Der Yogameister hatte sechs Kinder; die Jüngeren berichten vom rigiden Tagesablauf und der harten Konzentration, die ihr Vater forderte. Wissen sei Reichtum, ein verlorener Schatz, den es wieder zu entdecken gelte. In einer Welt des alten magischen Indiens, das in nachinszenierten Aufnahmen von Schlangenbeschwörern, Fakiren und Sanskrit-Gelehrten projiziert wird, wirkt es gar nicht mehr so verwunderlich, dass Krishnamacharya seinen Herzschlag zwei Minuten lang anhalten konnte. Sein Schwager Iyengar äußert sich dagegen auch kritisch gegenüber dem Meister und schildert ihn als zwiespältige Figur, der ihn oft über die Grenze der Belastbarkeit hinaus geführt habe. Nach der Unabhängigkeit Indiens wurde die Yogaschule des Maharadschas geschlossen. Krishnamacharya wurde Therapeut und gab Einzelunterricht. In letzten Aufnahmen auf verblasstem Farbmaterial ist der alte Guru noch einmal mit langem weißen Bart beim Essen zu sehen.

„Der atmende Gott“ gehört nicht zum Wellness-Kino spiritueller Erfahrungen, das mit fernöstlichen Rezepten und exotischer Mystik europäischen Postmaterialisten Lebenshilfe bietet, sondern präsentiert sich als Spurensuche und dem ehrlichen Bemühen, eine spirituelle Philosophie zu erfassen. Der Film ist zugleich eine Art „Buena Vista Social Club“ des modernen Yoga, weil er neben den historischen Aufnahmen Krishnamacharyas auch dessen Schüler Pattabhi Jois (der während der Dreharbeiten starb) sowie den legendären Iyengar, den Schwager des Meisters, porträtiert. Jan Schmidt-Garre behauptet keine falsche Insider-Perspektive, erzählt aber auch nicht aus europäischer Verliebtheit in rückschrittlicher Exotik. Wenn er am Ende dem Götterbild Narasimhas, dem atmenden Gott, gegenüber steht, klärt das nicht die einleitende Frage nach dem Ursprung des modernen Yogas, vervollständigt aber ein facettenreiches, nicht bis ins Letzte erklärbares Bild des modernen Indien.” 

Wolfgang Hamdorf, Filmdienst 1/2012